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Psychose und Schizophrenie

Ab und zu gibt es doch Personen bzw. Gespräche mit diesen im „Hotel Matze“, die mich jenseits eines voyeuristischen Interesses intrinsisch und ehrlich interessieren. Dazu zählte z.B. Jakob Hein. Sein eigener Podcast „Verrückt“ ist vielleicht ein bisschen zu lakonisch-laber-rhabarber und anscheinend mittlerweile eingestellt, aber er hat mir ein paar nette Stunden und eine sehr schöne, intensiv-obsessive Phase zum Thema „Psychose und Schizophrenie“ beschert, die mich sehr zufrieden zurückgelassen hat.

Mit Begeisterung habe ich die Folgen mit Christiane Wirtz, Klaus Gauger und Jann Schlimme gehört – anschließend die Selbstberichte von Christian Wirtz („Neben der Spur“) und Klaus Gauger („Meine Schizophrenie“) gelesen und zwei Radiofeatures gehört, in denen Christiane Wirtz und Jann Schlimme zu Wort kommen.*
Letzterer ist ein führender Experte auf dem Gebiet, der sich vor allem für eine reduzierte Medikation und verstärkte psychotherapeutische Behandlung der Erkrankten einsetzt.

Beide Gespräche mit den Betroffenen sind kein „easy listening“ – weder auf inhaltlicher noch kommunikativer Ebene. Es hakt und holpert. Christiane Wirtz fühlt sich oft missverstanden, Klaus Gauger hat eine fast irritierende Sachlichkeit. Sein Bezug zu Freiburg/Emmendingen und Kybernetik haben mein Interesse noch verstärkt.

Fasziniert hat mich, wie ähnlich sich eine Wahnsymptomatik ausprägt – also Verfolgungs- und Verschwörungsgedanken, das exzessive Wahrnehmen von systematischen Verbindungen, dessen Zentrum, die betroffene Person auf positive wie negative Weise ist, und der unglaubliche Output, der binnen kürzester Zeit in Form von Klagen, Briefen, E-Mails etc. gegen die ausgemachten „Gegner*innen“ generiert wird.

Erschreckend ist, wie oft Symptome unerkannt und über lange Zeiträume unbehandelt bleiben, dann oft einseitig mit starker Medikation und Nebenwirkungen (gegen Betroffene) vorgegangen wird, wie hilflos Angehörige davor stehen (müssen) und wie ein kollektives Systemversagen und nachfolgende Stigmatisierung auf diese Weise sehr nachhaltig Leben destruktiv beeinflusst.

Ich fand es sehr interessant zu lernen, dass Psychosen und Schizophrenie Bewältigungsmechanismen der menschlichen Psyche im Angesicht von als überfordernd erlebten Krisensituationen sind – wahrscheinlich unterstützt von einer z.B. genetischen Prädisposition.

* Die Links finde ich leider gerade nicht wieder, da die Radiobeiträge von 2017 und im Buch von Christiane Wirtz erwähnt sind, das ich aus der Bücherei ausgeliehen hatte. Möp.
Zwei Folgen (Bian I, II) „Rätsel des Unbewussten“ aus der Serie „Tales of Therapie“ beschäftigen sich ebenfalls mit diesem Thema sowie weitere Folgen mit Expert*innen bei Jakob Hein. (Welche ich allerdings nicht so interessant fand, wie die verlinkten.)

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