Dieses Jahr werde ich so alt wie mein Vater war, als er, wie er sagt, aufgewacht ist. Fast ausgestiegen aus einem Leben und dann doch noch einmal neu angefangen. Aufgehört mit der Anpassung, die keine*r bemerkt und die dennoch zerstört hat.
Ist es die Transition? Ist es diese zweite Pubertät? Oder doch einfach das Leben.
Werde ich jetzt (erst) erwachsen oder warum lerne ich so viel – eigentlich jeden Tag über mich.
Ist es eine Heilsgeschichte? Bin ich die Reinkarnation meines Vaters, sein Sohn der Messias, der gekommen ist, um sein Leben immer mindestens als eine 2+ zu empfinden.
Habe ich jetzt die Pubertät meiner Mutter, in leichten Variationen, aber in den unscharfen Untiefen und der Dramatik der gefühlten Einsamkeit präzise, noch einmal aufgeführt, um nun die assistierte Selbstheilung in einer Tour de Force der Selbstreflexion, Selbsterkenntnis und Selbstwirksamkeit des anderen Elternteils nachzuvollziehen?
Es ist unverschämt, wie viel eine Enttäuschung ist.
Es ist ein ständiges Abschiednehmen von falschen, überzogenen Erwartungen. An Menschen, an Institutionen, an Gesellschaft, an Wissenschaft – an mich selbst. An Beziehungen, an Urlaub, an ein Leben in Lohnarbeit und mit Kindern. Ist das diese Entzauberung, die Banalität der Existenz?
Ich sehe, was gut ist, und ich fühle mich schlecht.
Ich möchte mein Recht auf Wut, Enttäuschung und Trauer behalten.
Wer hat mir das alles versprochen und nicht gehalten?
Ich lerne mehr, was mir gut tut. Raum und Zeit für meine Gedanken und Gefühle ist gut. Zeit und Raum für Übergänge ist wichtig. Es gibt den verletzten Wunsch nach Gemeinschaft und Gemeinsamkeit, aber eigentlich bin ich sehr gerne für mich. Ich mag meine Sparsamkeit und meine Routinen.
Da ist Stolz, dass ich den Mut aufgebracht habe, für all die Experimente, ein klassisches Trial and Error. Dass ich losgegangen bin mit der Angst im Nacken, in die Ungewissheit. Vielleicht ist die gespiegelte Coolness und Abgeklärtheit nur eine schweißgetränkte Schockstarre.
Gerade bin ich müde und ernüchtert von meinen Ausflügen in mögliche alternative oder supplementäre Welten. Und randvoll mit Erkenntnissen und Erfahrungen.
Und wenn ich ein bisschen ausgeruht und verdaut habe, ziehe ich wieder los in den erweiterten Handlungsspielraum – vielleicht mit einem feiner justierten Bedürfniskompass und einer nuancierteren Gefühlslandkarte.